Instagram ist schuld: Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Wanderung zur Trolltunga ein Geheimtipp war, von dem nur Wander-Nerds schon mal etwas gehört haben. Seitdem aber erste Bilder des spektakulären Felsvorsprungs auf Instagram aufgetaucht sind, ist es vorbei mit dem Status als Insidertipp. Mittlerweile gibt es fast 100.000 Einträge, die mit dem Hashtag #trolltunga versehen sind.
Innerhalb von kürzester Zeit tauchte die Trolltunga in allen Outdoor- und Reisemagazinen der Welt auf. Heute ist die Trolltunga Wanderung ein Hotspot für Wanderfans.
Absolut verständlich: Für mich gehört der Hike auch fünf Jahre und unzählige Wanderkilometer nach meinem Erlebnis auf der Trolltunga zu den fantastischsten Wanderabenteuern, die ich bislang erlebt habe.
Die andere Seite der Medaille sieht leider deutlich dunkler aus: Blutige Wanderanfänger machen sich ohne jede Vorbereitung auf den Weg zur Trolltunga, junge Frauen schleppen ihre Neugeborenen den steilen Wanderweg hinauf und Jugendliche versuchen, den Felsen in Jeans und Chucks zu erstürmen.
Die Folge: Die norwegische Bergwacht pflückt regelmäßig Touristen von dem Wanderweg zur Trolltunga, die manchmal verletzt, meistens aber einfach nur völlig entkräftet, unterkühlt oder orientierunslos sind. Die Zahl der Rettungseinsätze steigt jährlich.
In Norwegen wurde deshalb schon diskutiert, den Wanderweg einfach ganz zu sperren – zum Glück wurde diese Idee aber wieder verworfen. Statt dessen hofft man, dass die Touristen lernen – und entweder auf die Trolltunga Wanderung verzichten oder aber sich vernünftig auf ihr Abenteuer vorbereiten.
Denn, und das ist die gute Nachricht, das ist möglich: Mit der richtigen Vorbereitung schaffen es auch Wander-Einsteiger auf die Trolltunga!
Trolltunga für Anfänger: So schaffst du es auch als Wander-Einsteiger!
Wer fit und sportlich ist, kann es auch als Anfänger zur Trolltunga schaffen und auch Spaß dabei haben. Es ist auf keinen Fall so, dass nur Hochleistungssportler und Wanderfreaks den Weg bewältigen können – nur ernst nehmen sollte man ihn.
Auf die richtige Vorbereitung kommt es an. Und wie die im besten Fall aussehen sollte, will ich euch hier beschreiben.
Übrigens, klar: Diese Tipps für Wander-Anfänger gelten nicht nur für die berühmte Trolltunga. Dieser Beitrag ist auch gedacht für Leute, die eine Wanderung zum Kjerag, auf den Galdhøpiggen, zum Hornelen oder auf den Skåla planen – eigentlich sollte er vor jeder „schwierigen“ Wanderung und in Norwegen helfen.
Trainieren!
Wie die meisten Wanderungen in Norwegen, ist auch der Weg zur Trolltunga erstmal vor allem eines: Steil, und zwar von Anfang an! Selbst erfahrene Wanderer sind oft davon überrascht, wenn sie zum ersten Mal in Norwegen wandern gehen. Wer sich schon zuhause darauf vorbereitet hat, ist ganz klar im Vorteil.
Eine Wanderung in Norwegen fühlt sich in den Beinen oft an wie ein nicht enden wollender Treppenlauf – weshalb Treppenläufe zu den besten Trainingsübungen zur Vorbereitung auf eine Wanderung in Norwegen sind.
Früh starten!
Für die Trolltunga Wanderung braucht man – je nach Kondition und Bedingungen – hin und zurück mindestens 10 Stunden, gerne auch mal länger. Pausen sind hier nicht eingerechnet, ebenso wenig wie das Picknick und das Fotoshooting am Trolltunga Felsen selber.
Unterwegs auf einer langen Wanderung kann auch immer mal etwas Unvorhergesehenes passieren und Zeit kosten. Deshalb sollte man seine Wanderung so planen, dass man immer noch ein paar Stunden als “Reserve” hat, bevor es dann auch in Norwegen irgendwann dunkel und frisch wird. Zum Glück wird es im Sommer an der Trolltunga so zeitig hell – früh aufbrechen!
Die richtige Jahreszeit auswählen
Zur Trolltunga wandert man im norwegischen Sommer und im ganz frühen Herbst – grob von Mitte Juni bis Mitte September. Im Frühling und im Herbst sind die Tage schon wieder deutlich kürzer.
Dazu kommt der Schnee auf der Strecke, der oft den Wanderweg und die Markierungen verschwinden lässt und dazu Spezialausrüstung wie Schneeschuhe oder Langlaufskier notwendig macht. Als Anfänger lässt man sich auf solche Experiment besser nicht ein – auf jeden Fall nicht ohne Wanderführer!
Keine Kompromisse bei der Ausrüstung!
Die wichtigste Ursache für Rettungseinsätze an der Trolltunga und in den norwegischen Bergen ist mangelhafte Ausrüstung.
Wichtigster Ausrüstungsgegenstand bei einer Wanderung sind die richtigen Schuhe. Sie sollten mindestens dreiviertelhoch sein, also über den Knöchel gehen. Außerdem brauchen gute Wanderschuhe eine rutschfeste Sohle mit einer guten Dämpfung.
Dein Rucksack sollte auf jeden Fall einen Hüftgurt haben und auch bei schönem Wetter gehört Regenausrüstung und warme Sachen gegen Kälte hinein. Der Temperaturunterschied kann in Norwegen bei wenigen hundert Metern Höhenunterschied enorm sein!
Ich kaufe meine Wanderausrüstung regelmäßig bei den Bergfreunden. Wenn ihr dort nach Schuhen, Rucksäcken oder nach Regenklamotten schaut, könnt ihr nicht viel verkehrt machen.
Ohne eine Wanderkarte sollte man auf keinen Fall losziehen (hier die Wanderkarte für das Gebiet um die Trolltunga). Als zusätzliche Sicherheit habe ich die Norgeskart-App auf meinem Handy. Auch das muss unbedingt mit (geladen!), damit man im Notfall Hilfe rufen kann.
Auch ein Erste-Hilfe-Set gehört in den Rucksack.
Schau dir auf jeden Fall meine Packliste für Wanderungen in Norwegen an!
Genug Proviant mitnehmen!
Außer Klamotten gehört genug Proviant in den Rucksack. Einen Hungerast will man auf jeden Fall vermeiden! Eigentlich stehe ich gar nicht so auf Süßigkeiten, aber bei Wanderungen ist es mir wichtig, was Süßes dabei zu haben.
Ein paar Schoko- oder Müsliriegel, Gummibären, ein Apfel, eine Banane – sowas habe ich eigentlich immer dabei. Der Zucker gibt mir den schnellen Energieschub, den ich manchmal einfach brauche.
Dazu natürlich noch “was Vernünftiges”, meist ein paar belegte Brote für den richtigen Hunger. Auf längeren Wanderungen wie der Trolltunga habe ich gerne eine Thermoskanne mit heißem Tee dabei – der löscht den Durst, wärmt und gibt Kraft.
Dazu natürlich ausreichend Wasser. Wenn nicht gerade eine Trockenperiode ist oder ein Lemmingjahr, dann reicht es, eine Flasche dabei zu haben und sich die immer wieder in Bächen aufzufüllen.
Den richtigen Zeitpunkt abpassen
Manchmal lohnt es sich, zu warten. Der norwegische Sommer ist unbeständig und hält gerade in den Bergen gerne mal eine Überraschung bereit – nicht immer besteht die in strahlendem Sonnenschein.
Wenn man die Trolltunga Wanderung machen möchte, sollte man entweder genügend Zeit in der Gegend um Odda verbringen, oder seine Reise durch Norwegen so flexibel planen, dass man die Wanderung je nach Wetterlage angehen kann.
Hier findest du Unterkünfte in der Gegend um die Trolltunga.
Kein Zeitplan der Welt darf einen dazu “zwingen”, die Wanderung bei schlechtem Wetter anzugehen. Regen und Kälte machen die Wanderung vor allem anstrengender, Nebel (beziehungsweise tief hängende Wolken) ist dagegen eine echte Gefahr.
Solche Wetterbedingungen helfen übrigens auch nicht beim perfekten Instagram-Foto!
Locals fragen
Wer länger vor Ort ist, hat auch die Gelegenheit, mit Norwegern über sein Vorhaben zu sprechen. Die haben viel Erfahrung in den Bergen und mit dem Wetter. Kontakt zu Locals kann deshalb eine große Hilfe bei der Planung sein.
Sie können deine Ausrüstung beurteilen und helfen, das richtige Wetterfenster für deine Wanderung zu finden. Außerdem haben Einheimische oft aktuelle Infos über die Wanderstrecke und vielleicht sogar Tipps für alternative Streckenverläufe, die dann einfacher, schneller oder schöner sind.
Mit einem Guide wandern
Die Trolltunga Wanderung ist zwar auf eigene Faust möglich. Aber es spricht für Anfänger auch nichts dagegen, sich einfach einem erfahrenen Wanderführer anzuschließen – und so ist man komplett auf der sicheren Seite. Die Verantwortung liegt beim Guide, der die Route wohl besser kennt als jeder andere.
Für Proviant, Zeit- und Streckenplanung ist dann der Guide zuständig – so kann man sich voll auf die schönen Seiten der Wanderung konzentrieren. Nebenbei gibt’s während der Wanderung noch Zusatzinfos und Anekdoten aus der Gegend.
Trolltunga Active bietet im Sommer täglich Touren zur Trolltunga an, der Kostenpunkt liegt bei 1100 NOK (~ 120 Euro). Teurer, dafür aber mit Übernachtung, Rentiergulasch in der Wildnis und weiteren Felsen in der Gegend: Trolltunga Adventures (3450 NOK ~ 365 Euro).
Du hast Zweifel? Es gibt Alternativen!
“Umkehren ist keine Schande” lautet eine der 9 norwegischen Bergregeln. Es ist ist auch keine Schande, sich umzuentscheiden. Es gibt in Fjordnorwegen wirklich massig Felsen, Aussichten und Wanderspots, die alle spektakulär sind.
Und das Schöne daran: Auch als blutiger Anfänger findet man in Norwegen mehr als genug Wanderungen, die unbedingt Instagram-tauglich sind und einem wahrscheinlich für immer im Gedächtnis bleiben werden.
Gerade kürzlich habe ich den Himakånå-Felsen bei Haugesund entdeckt – unter Norwegern wird er auch “Trolltunga für Anfänger” genannt. Und hier im Blog findest du noch einige weitere Tipps für Wanderziele in Norwegen vorstellen.
Wer also nach ein bisschen Recherche Zweifel bekommt, ob die Trolltunga Wanderung wirklich das richtige für einen ist – es gibt jede Menge Alternativen!
Planst du eine Wanderung zur Trolltunga? Oder warst du schon oben und hast noch mehr Tipps für Anfänger? Ich freue mich auf deinen Kommentar!