Die Kurven des Fylkesveg 13 (Fv13), auf der ich mich befinde, werden sanfter. Sie folgen dem natürlichen Verlauf des Vetlefjorden und des Sværafjorden. Beides sind kleine Seitenarme des mächtigen Sognefjords, der mit seinen vielen Verästelungen große Teile der Landschaft Fjordnorwegens prägt.
Das Radio trällert vor sich hin und ich sitze im einzigen Auto weit und breit. Die Fjordlandschaft liegt an diesem Frühlingstag friedlich zwischen den steilen Bergen, auf denen gerade der Schnee des Winters schmilzt.
In Gedanken bin ich noch dort oben im norwegischen Gebirge, wo ich eben noch zwischen meterhohen Schneewänden die Serpentinen der Passstraße Gaularfjellet herunter gekurbelt bin.
Als ich an den Esefjorden gelange, bietet sich mir ein erster Ausblick auf das Fjorddorf Balestrand – das Ziel meiner Fahrt. Die Ortschaft liegt auf einer Landzunge, an der Kreuzung zwischen Esefjorden und Sognefjorden und scheint aus dieser Perspektive fast wie eine Insel, die mitten im Wasser liegt.
Der kurze Esefjord ist schnell umrundet, ich biege nach links ab und parke mein Auto wenige hundert Meter weiter im Zentrum des kleinen Ortes. Der Parkplatz ist kostenlos und liegt direkt am kleinen Hafen von Balestrand.
Hier geht es gerade geschäftig zu, ein junger Mann trägt Coca-Cola-Sonnenschirme und ein Schild in Form einer Eiswaffel vor die Tür des Sognefjord Aquariums. Es öffnet heute zum ersten Mal nach der Wintersaison, erzählt er mir.
Bis Ende April gibt es wie in ganz Fjordnorwegen auch in Balestrand nicht viele Touristen. Der blaue Himmel, die Sonnenstrahlen und die blühenden Narzissen am Straßenrand passen zur Stimmung in dem Fjorddörfchen, in dem an diesem letzten Aprilwochenende wieder Leben einkehrt.
Im Aquarium geht man auf Tuchfühlung mit einer Menge Fischarten, verschiedenen Krebse und Oktopussen, die hier in den Becken ein Dasein im Dienste der Bildung von Touristen und Kindern aus der Umgebung fristen.
Auch ein kleines Cafe mit Fjordblick gehört zum Aquarium, es riecht nach Kaffee und Vanilleeis. Mich zieht es aber zu einem großen, weißen Holzgebäude, das ziemlich prachtvoll wirkt. Das muss das Kvikne’s Hotel sein, von dem ich schon öfter gehört habe.
Ich spaziere am Fjordufer entlang in Richtung des Hotels. Die Vorderseite ist zum Sognefjord gerichtet und besteht eigentlich komplett aus reichlich verzierten Verandas und Balkonen.
Das Kvikne’s Hotel stammt aus dem Jahr 1752 und ist eines der ältesten Hotels Norwegens. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es mehrere Male ausgebaut, weil damals der europäische Hochadel und auch eine Menge zeitgenössischer Künstler die Fjorde für sich entdeckte.
Reisen nach Norwegen waren ziemlich angesagt bei High Society des Kontinents: So reiste auch der deutsche Kaiser Wilhelm II. reiste 25 Jahre lang fast jeden Sommer nach Fjordnorwegen und residierte dabei meist im Kvikne’s Hotel. Kaiserlich – das passt, so sieht das Gebäude auch heute noch aus.
In der Rezeption quatsche ich einen Mitarbeiter an, der so nett ist und mich ein bisschen im Hotel herumführt. Die Einrichtung ist wirklich prunkvoll und bei jedem Schritt spürt man, wie man die lange Geschichte des Hotels einatmet.
Ein Fakt erzählt aber ebenso viel über den Ort Balestrand wie über das Hotel selber: Fjordblick hat man von hier aus in drei Himmelsrichtungen. Von den Zimmer mit Fenstern in Richtung Richtung Westen schaut man auf die Berge, die jetzt im Frühling noch ihre weiße Schneekrone tragen.
Im kleinen Park vor dem Hotel ziehen sich gerade die ersten Touristen des Jahres ihre Winterjacken aus und genießen die Frühlingssonne. Ich entdecke auf meinem Spaziergang gleich hinter dem Park die nächste Sehenswürdigkeit in Balestrand: Die Sankt-Olav-Kirche.
Sie wurde ebenfalls zu der Zeit gebaut, als Kaiser Wilhelm sich mit seiner Großfamilie hier herumtrieb und ist im Baustil den norwegischen Stabskirchen nachempfunden. Die Tür ist offen, die Kirche lässt sich also besichtigen.
Von außen und innen besteht sie komplett aus Holz, hat eine Menge Holzschnitzereien und bunt verzierte Fenster, aus denen man – natürlich – auf die Fjorde schaut.
Einige hundert Meter weiter entlang des Sognefjords befindet sich ein weiterer Hinweis darauf, dass ich hier auch ein bisschen auf den Spuren Kaiser Wilhelms unterwegs bin: Direkt am Fjord steht die Statue des Wikingerkönigs Bele.
Er ist Teil der Sage um den Bauernsohn Frithjof, der der Sage nach in Beles Tochter verliebt war. Auch Frithjof ist ein Denkmal errichtet, das sogar deutlich größer ist, aber auf der anderen seite des Sognefjords steht.
Unterhalb des Denkmals gibt es einen Badestrand und mehrere Badestege. Wir haben allerdings noch nicht einmal Mai gerade und die Wassertemperatur im Sognefjord liegt noch deutlich unter 15 Grad – dementsprechend liegen Stege und Strand noch menschenleer am Wasser und wärmen sich erst noch weiter auf.
Auch auf dem Campingplatz Sjøtuncamping, an dem ich kurz darauf vorbei gehe, stehen noch keine Zelte und kaum Wohnwagen. In einigen der Hütten scheint aber bereits Leben eingekehrt zu sein.
An dieser Stelle fühlt es sich dann ein bisschen an, als sei der Ort hier zu Ende. Es verbirgt sich aber noch ein kleines, etwas verstecktes Highlight Balestrands: Feuerrote Holzhäuser mit Drachenköpfen als Verzierungen. Auch sie stammen aus der Blütezeit Balestrands um die Jahrhundertwende.
Nach den Drachenhäusern bin ich nun wirklich am Ortsrand angekommen und drehe um. In wenigen Minuten bin ich wieder im “Zentrum” – wie vielleicht alles in Norwegen ist auch Balestrand ein bis zwei Nummern kleiner.
Reiseführer Balestrand: Der Dorf-Steckbrief
Klicke dich für Infos durch die Reiter:
- Mit dem Auto über die Passstraße Gaularfjellet zu den Wasserfällen
- Wandern – Wanderkarten gibt’s im Tourismusbüro vor Ort und in den Hotels
- Bootsausflüge über die Fjorde nach Flåm und Bergen (buchbar vor Ort oder über den Anbieter Norled)
- Angelausflüge auf den Sognefjord (Es git verschiedene Anbieter vor Ort, zum Beispiel Balestrand Fjord Angling)
Sognefjorden Akvarium -Wissenswertes zu den Bewohnern des Sogenfjorden (mehr Infos)
Sankt-Olav-Kirche – anglikanische Kirche aus dem Jahr 1897
Gylne Hus – Künstlerhaus mit Restaurant (Offizielle Website)
Norsk Reiselivmuseum – Modernes Museum zur Geschichte des Tourismus in Fjordnorwegen (offizielle Website)
Drachenhäuser von Balestrand – hier ein Bericht von Reisebloggerin Heike
Planst du eine Reise nach Balestrand und hast Fragen? Oder warst du schonmal dort und hast Tipps? Wir freuen uns sehr auf deinen Kommentar!
3 Kommentare
Das erste Mal in Norwegen mache ich auf meiner Rundreise Stopp im hübschen Balestrand:
Das Kviknes-Hotel ist echt eine Perle / Frühstück mit Fjord-Blick inclusive.
Baden im Fjord gelingt im Sommer an der kleinen Badestelle, weil es dort schön flach hinein geht und somit der Kälteschock nicht so arg ist.
Auch wandern ist möglich. In einer Stunde geht es gut bergauf zum Orrabenken mit wunderschönem Ausblick über den Sognefjord. Wer mag kann weiter wandern bis zum Raudmelen (wenn das Wetter passt).
Im Café des Aquariums schmeckt das dick belegte Lachsbrötchen / ich war dankbar, dass die Verständigung mit dem netten jungen Mann auf deutsch möglich war.
Hallo.Wir werden im Mai hier unseren Urlaub verbringen und sind zum ersten Mal hier und sehr neugierig.
Heike und Olli
Hallo, wir möchten im Juli 23 Norway in a nutshell machen und in Balestrand 3 Nächte bleiben. Gerne würden wir im Dragsvik Fjordhotel übernachten, das aber 9 km von Balestrand entfernt liegt. Kommt man gut ohne Auto nach Balestrand, oder sollten wir besser direkt in Balestrand übernachten? Wir möchten in der Zeit auch gerne wandern. Schon mal vielen Dank im Voraus und herzliche Grüße aus Berlin von Jutta