Die Aurlandsdalen Wanderung gehört zu den großen Klassikern unter den norwegischen Wanderrouten.
Unberührte Natur mit einem wilden Fluss und jeder Menge Wasserfällen gesäumt von mächtigen Bergformationen und mittendrin immer wieder Kulturdenkmäler, die von einer längst vergangenen Zeit zeugen: Der Hike durch das Tal hält viel von dem, was man sich von Norwegen verspricht.
Hier kommt zuerst mein Wanderbericht und weiter unten Planungstipps für deine Wanderung mit Empfehlungen zu Unterkünften, Wanderkarte, Ausrüstung und Anreise (→direkt dorthinspringen).
Aurlandsdalen: Wandern durch die Schlucht von Aurland
Ich starte die Wanderung durch das Aurlandsdalen an der Turisthytte Østerbø auf einer Höhe von 830 Metern über den Fjorden. So gesehen ist die Wanderung dann doch eher untypisch: Es handelt sich nicht um eine Gipfelwanderung von unten nach oben.
Umgekehrt geht es auf der üblichen Route durch das Aurlandsdalen fast ausschließlich bergab. Das Ziel ist die Ortschaft Vassbygdi, die etwas oberhalb von Aurland ungefähr 70 Meter über dem Aurlandsfjord liegt.
Ich habe am Vorabend mein Zelt an der Hütte in Østerbø aufgeschlagen, zu der ein Campingplatz gehört, der direkt am Wanderweg liegt. Nach der Wanderung möchte ich mit dem Bus wieder hierher zurückkehren.
So kann ich meine Wanderung durch die Schlucht von Aurland morgens relativ früh starten – und bekomme trotzdem ein reichhaltiges Frühstück vom Gaskocher und bin ausgeschlafen.
Die Wanderroute: Am Fluss entlang in Richtung Fjord
Mein Campingplatz liegt am See Aurlandsvatnet, um den mich der Wanderweg jetzt ein Stückchen herumführt. Der Weg ist zwar nur eine schmale Spur, die aber gut ausgetrampelt ist und mit reichlich Schildern nach “Vassbygdi” ausgestattet ist.
Dazu weiß ich: Auf der ganzen Strecke habe ich zu meiner Linken immer entweder den Fluss Aurlandselvi oder einen der Seen, zu denen sich der Fluss immer wieder aufstaut. Verlaufen sollte sich auf dem Aurlandsdalen-Wanderweg also niemand.
Bald schon komme ich also an den nächsten See “Nesbøvatnet”. Der Wanderweg macht hier richtig Spaß: Links geht es steil nach unten in die Tiefe, rechts von mir ist eine steile Felswand mit Überhängen an einigen Stellen.
Dieser Weg wurde Anfang des 20. Jahrhundert aus zwei Gründen in den Fels gesprengt: Einerseits war dieser Wanderpfad von Aurland nach Hol bis in diese Zeit eine der wichtigsten Verbindungen von Ost- nach Westnorwegen. Heutzutage schon eine verrückte Vorstellung, das noch vor gut hundert Jahren ein Trampelpfad von nationaler Bedeutung war, oder?
Andererseits erleichterte der neu gesprengte Pfad den Bauern im Aurlandsdalen den Viehabtrieb aus dem umliegenden Bergen damals enorm.
Einer dieser Bauernhöfe passiere ich als nächstes. Er trägt den bekannten Namen “Nesbø”, hat aber meines Wissens nichts mit dem Schriftsteller zu tun. Eine Infotafel beschreibt, dass die Nesbø-Farm hier schon mindestens 350 Jahre steht.
Was muss das für ein hartes Leben gewesen sein damals, als einzelne Bauernfamilie hier mitten im Nirgendwo des norwegischen Fjells zu leben! Zum Glück kamen damals wohl wenigstens ab und an Reisende aus Oslo auf dem Weg an die Fjorde hier vorbei…
Die hätten wahrscheinlich wenig Verständnis für mich und die anderen Wanderer durch das Aurlandsdalen gehabt, die wir nur zum Spaß hier sind.
Eine Routen-Variante: Der Bjørnestigen
Heute sind es sogar eine ganze Menge Wanderer: Das Wetter während meiner Wanderung ist traumhaft. Strahlend blauer Himmel an einem Julitag mitten in den Ferien. Hochsaison.
Fast sind es für meinen Geschmack zu viele Leute, die hier unterwegs sind. Da kommt es mir ganz gelegen, dass ich kurz nach der Nesbø-Farm einen Wegweiser entdecke, der weg vom Fluss nach rechts zeigt.
“Bjørnestigen”, Bärenweg, steht darauf. Schwierigkeitsstufe: schwarz, für Fortgeschrittene. Ein bisschen härter als der eigentliche Wanderweg durch das Aurlandsdalen. Passt! Ich bin ganz gut in Form und im Tritt, die norwegischen Berge gewöhnt und habe Lust auf eine kleine Herausforderung.
Achtung!
Bei Regen besteht am Bjørnestigen Steinschlaggefahr – das ist lebensgefährlich!
Für diese Routenvariante solltest du außerdem Höhenfest sein und dir sicher sein, dass du die nötige Kondition hast. Wenn du dir nicht sicher bist: Bleibe lieber auf dem Aurlandsdalen Wanderweg am Fluss!
Ich biege ab und merke schnell: Jetzt komme ich doch noch in den Genuss von steilen Anstiegen. Der Schweiß fließt bei dem Wetter, ich freue mich jedes Mal, wenn mein Weg in ein waldiges Gebiet führt und ich ein bisschen im Schatten unterwegs bin.
Gerade, als ich mich frage, warum ich es nicht einfach locker angehen lassen habe, geben die Bäume dann den Blick hinab in die Schlucht frei. Auf den umliegenden Berggipfeln der Berge Knutseggi, Kreklefjellet und Storshovden, alles mächtige 1500er, liegen noch die letzten Schneereste. Unten sehe ich den Aurlandselvi.
Und, wenn ich ganz genau hinschaue, den Wanderweg, auf dem kleine, bunte Punkte sich 200 Meter unter mir langsam durch die Schlucht bewegen. Aus dem Osten, von den beiden Seen schlängelt sie erst nach unten, bevor sie einen dramatischen Bogen in den Nordwesten schlägt. Steil bergab, zum Aurlandsfjord.
Lange, bevor sich norwegische Bauern in der Schlucht niedergelassen haben, hat ein Gletscher während der letzten Eiszeit das Aurlandsdalen in die Landschaft gefräst. Bei meinem Anblick in die Tiefe kann ich mir das gerade fast lebhaft vorstellen.
Schließlich komme ich in ein felsiges Gebiet, in dem mein Weg plötzlich sehr steil nach unten führt. Bis hierhin war die Schwierigkeit des Bjørnestigen abgesehen von der Hitze nicht weiter dramatisch – jetzt verstehe ich, warum er schwarz markiert ist: Um hier herunterzukommen, muss ich die Hände zur Hilfe nehmen.
Zum Glück hat irgendjemand hier aus Baumstämmen einfache Stufen als Kletterhilfe eingebaut, es gibt ein Stahlseil zum Festhalten.
Historische Höfe und Wasserfälle
Nach dieser etwas technischeren Passage stoße ich schnell wieder auf die Hauptroute. Sie führt jetzt eine Weile direkt am Fluss entlang, bis er sich fast unmerklich immer weiter vom Wanderweg entfernt und irgendwann plötzlich 200 Meter unter mir entlangfließt.
Ich wandere jetzt am Hang der Schlucht entlang und auf mich wartet der vielleicht schönste Teil der Wanderung: Von oben stürzen immer wieder Wildbäche nach unten in das Aurlandsdalen und kreuzen meinen Weg.
Ich muss mehrere kleine Holzbrücken ohne Geländer überqueren und an einigen Stellen ist die Schlucht so steil, dass ich mich frage: Ist das jetzt noch ein Bach oder schon ein Wasserfall?
Und mittendrin: Die Sinjarheim Farm. Der Bauernhof liegt hier an einem so steilen Hang, das man sich wirklich nicht vorstellen kann, dass hier mal Menschen lebten. Hier kann kein Traktor fahren, es gibt keinen ebenen Quadratmeter.
1922 zog die letzte Bauernfamilie von Sinjarheim hinab ins Tal, allerdings wurder der Hof nie so richtig aufgegeben und ist auch heute noch gut in Schuss: Jeden Sommer treiben Schüler der Landwirtschaftsschule 70 Ziegen hierher und produzieren für einige Wochen Ziegenkäse auf traditionell norwegische Art.
Mein Wanderweg ist mittlerweile felsig und geröllig und führt immer steiler bergab. Ich spüre das jetzt, gegen Ende der Wanderung, auch in meinen Knien und freue mich, dass ich an meine Trekkingstöcke gedacht habe.
Ich nähere mich jetzt immer mehr Vassbygdi, dem Ziel meiner Wanderung. Auf ungefähr 350 Metern Höhe stoße ich auf den letzten der historischen Höfe im Aurlandsdalen.
“Almen” besteht heute nur noch aus zwei kleinen Holzhäuschen, die mir die letzte Gelegenheit geben, noch einen Blick zurück in die Schlucht zu werfen. Anschließend verschwindet mein Wanderweg im Wald und schraubt sich in steilen Serpentinen bis nach Vassbygdi.
Dort wartet dann direkt an der Bushaltestelle ein Kiosk auf mich und jede Menge anderer Wanderer: Die Mitarbeiter dort haben an diesem heißen Sommertag alle Hände voll zu tun, uns mit Eis und kalten Getränken zu versorgen.
Infos und Tipps zur Aurlandsdalen Wanderung
Anreise, Unterkunft und Camping:
Ich kam aus dem Norden vom Sognefjord, so dass schon meine Anreise aus nach Østerbø mit dem Auto über den Aurlandsvegen nach Østerbø ein echtes Erlebnis war, bei dem ich erste erste Eindrücke von der Bergwelt hier aufsaugen konnte.
Von Bergen aus ist Østerbø in gut drei Stunden erreichbar, von Aurland aus sind es knapp 40 Minuten.
In Østerbø befinden sich direkt nebeneinander zwei sehr ähnliche Unterkünfte: Die Turisthytte Aurlandsdalen vom norwegischen Wanderverein und die Østerbø Fjellstove. In der Fjellstove kann man auch einzelne Zimmer und Hütten mieten, während es in der (günstigeren) Turisthytte nur Mehrbettzimmer gibt.
Beide Unterkünfte haben auch jeweils einen Campingplatz mit Stellplätzen für Wohnmobile, Wohnwagen und Zelte.
Den Busfahrplan zwischen Aurland und Østrebø findest du hier: Aurland (Gudvangen, Flåm) → Østrebø und Østrebø → Aurland, (Flåm Gudvangen).
Bedenke: Die beiden Unterkünfte sind im Winter geschlossen und werden deshalb auch nur im Sommer vom Bus angefahren.
Ausrüstung für den Aurlandsdalen-Hike:
Für die richtige Ausrüstung im Aurlandsdalen hilft dir meine Packliste zum Wandern in Norwegen weiter. Mehr Tipps zum Packen für Norwegen findest du in meiner Ausrüstungs-Kategorie.
Wanderzeit und Wandersaison:
Ich brauchte von Østerbø bis Vassbygdi fünfeinhalb Stunden. Die Wanderzeit wird aber auch mit bis zu acht Stunden angegeben – das ist abhängig von den Bedingungen und persönlicher Form.
Die Wanderung durch das Aurlandsdalen ist von Mai bis September möglich.
Wanderkarte und GPS-Track für das Aurlandsdalen:
Diese Wanderkarte vom norwegischen Wanderverein hat den richtigen Maßstab und deckt das ganze Aurlandsdalen ab.
Für dein Outdoornavi oder dein Handy kannst du dir hier den GPX-Track herunterladen (ohne Bjørnestigen, rechte Maustaste →speichern unter…).
Erfahrungen anderer Wanderer:
Meine Freunde Sirko und Conny sind ebenfalls im Aurlandsdalen unterwegs gewesen. Sie haben die klassische Route ohne Bjørnestigen gewählt und wie immer atemberaubende Fotos mitgebracht – mehr dazu in ihrem Nordlandblog.
Mehrtageswanderung im Aurlandsdalen:
Die hier beschriebene Wanderung ist die letzte Etappe einer beliebten 3-Tages-Wanderung durch das komplette Tal. Diese Wanderung beginnt in Finse oben in der Hardangervidda über die Geiterygghytta und Østerbø bis hinab nach Vassbygdi.
Einen tollen Erfahrungsbericht zu dieser Hüttenwanderung findest du hier beim Hochtouristen, eine (norwegische) Tourenbeschreibung mit Höhenprofil und GPX-Track findest du bei ut.no.
Mehr Tipps für die Umgebung:
Einen Überblick über Aktivitäten, Unterkünfte und spannende Orte in der Gegend findest du in meinem Onlineguide zum Aurlandsfjord.
Hast du Fragen zur Aurlandsdalen Wanderung? Wenn du sie selber schon unternommen hast: Wie hast du sie erlebt? Wir freuen uns über deinen Kommentar!