Wer einen Urlaub in Fjordnorwegen plant, stellt sich fast zwangsläufig diese eine Frage: Was ist denn jetzt der schönste Fjord in Norwegen?
Die Fjorde Norwegens sind ein Naturphänomen, das wohl jeden von uns ins Nachdenken bringt. Über das Alter der Erde. Welche Umwerfungen unser Planet im Laufe der Jahrmillionen erlebt hat. Plattenbewegungen, Erdbeben, Eiszeiten.
Es ist faszinierend, in den Fjorden die schiere Macht der Naturgewalten vor Augen geführt zu bekommen. Tosende Wasserfälle, die von den Gletschern und vorbei an steilen Klippen und spektakulären Felsformationen in die tiefen, blauen Fjorde stürzen.
Das zu sehen, ist das Ziel der meisten Norwegen-Reisenden, vielleicht der wichtigste Grund für ihre Reise. Auch, wenn ich diese Jagd nach Superlativen irgendwie nicht so richtig mag: Die Frage nach den schönsten Fjorden der Welt gehört auf jeden Fall zu einer Reise in den Norden!
Ich bekomme sie oft gestellt und habe immer so meine Probleme, eine gute Antwort zu finden. Aber ich will es einmal versuchen, indem ich die Fjorde aufliste, die in der Fjordlandschaft, die ich so liebe, eine herausragende Rolle spielen.
Beim Lesen müsst ihr daran denken: Es ist – zumindest für mich – unmöglich, eine echte “Top-Liste” aufzustellen. Meiner Meinung nach lohnt es sich, jeden noch so kleinen und unbekannten Fjord zu bereisen.
Jeder Fjord in Norwegen hat seinen eigenen Charakter. Wer einmal in Fjordnorwegen gewesen ist, wird wissen, was ich damit meine. Dies ist also eine lose Auflistung und ausdrücklich kein Ranking mit einem ersten Platz und einem zehnten Platz.
Lysefjord
Der Lysefjord ist einer der bekanntesten Fjord Norwegens, was vor allem an seinen weltberühmten Wander- und Naturhighlights liegt. Wohl jeder Norwegen-Fan kennt Fotos mit Ausblicken vom Preikestolen und vom Kjeragbolten über den Lysefjord.
Die verwitterten Felswände an beiden Seiten des Lysefjords ragen extrem steil in die Höhe, so dass an seinen Ufern eigentlich keine Städte oder Dörfer Platz finden. Die beiden Siedlungen, die es trotzdem gibt, sind deshalb Attraktionen für sich: Lysebotn an der Spitze des Fjords ist eine kleine Siedlung mit Ferienhäusern und einem Campingplatz, die nur über eine extrem abenteuerliche Straße mit 27 Haarnadelkurven erreichbar ist.
Die Siedlung Flørli ist bekannt für die 4.444 Stufen, die entlang der Rohre eines Wasserwerks in die Berge führen. Von oben gibt es – Überraschung – eine fantastische Aussicht über den Lysefjord.
Hardangerfjord
Der Hardangerfjord prägt die ganze Region südöstlich von Bergen, Hardanger. Im Frühling leuchten die Ufer des Hardangerfjords in hellrosa, dann stehen die zahlreichen Obstplantagen Hardangers in voller Blüte. Im Herbst wird dann geerntet: Am Straßenrand wird das frische Obst angeboten und überall gibt es sensationelle Säfte, Marmeladen und Cider zu kaufen.
Zwei der norwegischen Landschaftsrouten führen auf spektakulären Straßen durch eine absolute Panorama-Landschaft: Über dem Fjord thront der mächtige Folgefonna-Gletscher, etwas tiefer im Land sieht man erste Ausläufer der Hardangervidda, Europas größter Hochebene und einem Paradies für Wanderer.
In der Nähe der Orte Tyssedal und Odda liegt eines der größten Wanderhighlights der Welt: Die Trolltunga, ein Felsvorsprung, der sich wie eine spitze “Trollzunge” meterweit über den Abgrund streckt.
Sognefjord
Der Sognefjord streckt sich über 200 Kilometer weit von der nördlichen Nordsee hinein ins norwegische Fjell und ist damit der größte und mächtigste Fjord Norwegens und Europas.
Eigentlich handelt es sich beim Sognefjord nicht um einen einzigen Fjord, sondern um den Hauptarm eines ganzen Fjordsystems, von dem mehr als ein Dutzend Verästelungen abzweigen. Darunter sind immerhin Traumfjorde wie der Nærøyfjord, der Lustrafjord und der Aurlandsfjord – um nur die zu nennen, auf die ich noch weiter unten in dieser Liste eingehen werde.
Entlang des gesamten Sognefjords kann man hervorragend wandern, wobei die Berge höher werden, je weiter man sich ins Land bewegt. Im Fjordinneren steigen die Felswände direkt vom Wasser meist direkt auf eine Höhe von über 1000 Metern an. Im Nordosten des Sognefjords liegt mit dem Jostedalsbreen der größte Gletscher auf dem Europäischen Festland.
Der Sognefjord ist sehr fischreich und deshalb bei Hobbyanglern sehr beliebt, er ist außerdem ein großartiges Revier für Kajakfahrer. Die lieben auch die Inselgruppe Solund, die aus unzählbar vielen Inseln (eindeutig mehr als hundert werden es sein, so viel ist sicher) besteht.
Sehenswerte Orte am Sognefjord sind unter anderem Balestrand, Leikanger und Lærdalsøyri. Der Sognefjord ist mit vier bis fünf Kilometern relativ breit und außerdem mit bis zu 1300 Metern auch extrem tief.
Daher gibt es keine Brücken über den Fjord, so dass man auf Fähren angewiesen ist, um ihn zu überqueren – am Sognefjord lauert an jeder Ecke ein typisch norwegisches Abenteuer!
Mehr Tipps für deine Reise nach Norwegen:
→Und was sollst du dir an den Fjorden anschauen? Die 23 größten Sehenswürdigkeiten in Fjordenorwegen!
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Nærøyfjord und Geirangerfjord
Der Geirangerfjord und der Nærøyfjord stehen beispielhaft für die “Westnorwegische Fjordlandschaft”, die von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt wurden.
In der Begründung des UNESCO-Komitees heißt es unter anderem:
“Nærøy-und Geirangerfjord gelten als die mit Abstand schönsten Fjordlandschaften der Welt. (…)Zahlreiche Wasserfälle stürzen sich die extrem steilen Felswände herab, und zahllose Wildbäche fließen von schneebedeckten Gipfeln, Gletschern und Gletscherseen durch Laub- und Nadelwälder hinunter in den Fjord.
Die Vielfalt weiterer Naturphänomene zu Wasser und Land, wie unterseeische Moränen und Meeressäugetiere, verstärken das Naturerlebnis.
Überreste alter, jetzt verlassener Bauernhöfe und Almhütten geben der dramatischen Naturlandschaft eine kulturelle Dimension, die den Wert dieses Gebietes unterstützen und verstärken.”
(Hier findet ihr das Zitat im Original)
Ich glaube, da muss ich nicht mehr viel schwärmen: Beide Fjorde sind traumhaft schön.
Der Nærøyfjord ist ein Seitenarm des Sognefjords und lässt sich am besten vom Örtchen Gudvangen aus erkunden. Vor dort aus hat man von Wandern über Angeln und Abenteuern auf dem Fjord selber alle Möglichkeiten.
Der Geirangerfjord gibt dem Örtchen Geiranger seinen Namen, der über Land über die elf Kurven der spektakulären “Adlerstraße” erreichbar ist. Es gibt aber auch tolle Fährverbindungen, die über den Geirangerfjord selber vorbei an vielen Wasserfällen nach Geiranger führen. Auch in Geiranger gibt es viele typische Fjord-Aktivitäten zu erleben.
Beide Fjorde sind leider auch ein Stück weit ein Opfer ihrer eigenen Popularität. So fahren im Sommer zahlreiche riesige Kreuzfahrtschiffe bis an das schmale Ende der Fjorde, was bei Norwegern wegen der Luftverschmutzung in den kleinen Orten mehr und mehr auf Kritik stößt.
Wenn die Tagesausflüger von den Kreuzfahrtschiffen massenhaft in die Dörfchen strömen, geht leider auch immer wieder kurzzeitig viel von der typischen Fjorddorf-Atmosphäre verloren.
Nordfjord
Über hundert Kilometer weit reichen die äußersten Ausläufer des Nordfjords bis in das norwegische Hochgebirge mit seinen Gletschern hinein. Vom Örtchen Olden kann man zu Expeditionen zum Briksdalbreen, einem der bekanntesten Ausläufer des mächtigen Jostedalsbreen, aufbrechen.
Ganz in der Nähe thront auch der fast 1900 Meter hohe Skåla. Der höchste Gipfel Norwegens, der sich direkt von einem Fjord in die Höhe hebt, ist ein absoluter Wandertraum!
Von Loen aus kommt man entspannter in die Berge: Mit dem Loen Skylift erreicht man dort die Wandergebiete des Jostedalsbreen Nationalparks.
Während hier im Innern des Fjords Kajakausflüge sehr populär sind, bietet der Seeausgang der Nordfjords ganzjährig perfekte Bedingungen zum Surfen: Sandstrände und beständig hohe Wellen gibt es auf der Halbinsel Stad.
Die berüchtigt raue See in diesem Gebiet kann man auch von den zahlreichen Inseln am Fjordeingang erleben: Vågsøy mit dem Hafenstädtchen Maløy und das Bremangerlandet bieten noch eine Menge Highlights für Reisende.
Stongfjord
Während ich diesen Text schreibe, schaue ich von meinem Bürofenster auf den Sonnenuntergang über dem Stongfjord. Der ist sicherlich keiner der bekanntesten Fjorde Norwegens, trotzdem habe ich mich entschieden, ihn stellvertretend für alle unbekannteren Fjorde Norwegens in meine Liste aufzunehmen.
Denn: Die Jagd nach “dem schönsten Fjord” wird zu keinem Erfolg führen. Jeder einzelne Fjord an der norwegischen Küste ist ein Highlight für sich und es lohnt sich, sie zu erkunden!
Bei mir im Stongfjord kann man hervorragend angeln: Entweder mit dem Angelboot auf dem Fjord oder vom Ufer unseres Flusses – zwischen der Mündung in den Fjord und dem Wasserfall werden hier jeden Sommer Lachse aus den Stromschnellen gezogen!
Man kann es sich aber auch etwas einfacher machen und den frisch geräucherten Fisch von unserem lokalen Fischer kaufen und dann in der Ferienwohnung mit Fjordblick warm zu machen.
Wir haben zahlreiche Berge mit tollen Wanderstrecken hinauf auf die Gipfel und zu den unzählbar Bergseen, in deren eiskalten Wasser Hartgesottene baden gehen.
Die kleinen, unbekannten Fjorde lohnen sich wirklich – manchmal ist es sogar sinnvoller, etwas abseits der ausgetretenen Touristenpfade zu reisen und so ein wirklich typisches und unverfälschtes Fjordnorwegen zu erleben!
Was ich also eigentlich sagen will: Habt also keine Scheu, euren Urlaub an einem Fjord zu buchen, der in keiner Top-Liste auftaucht.
Aurlandsfjord
Der Aurlandsfjord ist ein Nachbarfjord des Nærøyfjords und ebenfalls ein Seitenarm des Sognefjords tief im Binnenland – also im Hochgebirge. Die Gegend hier ist so abgelegen, dass sie über Straßen ganzjährig erst seit den 1980er Jahren erreichbar ist, als hier mehrere Tunnel gebaut wurden.
Traditionell reist man nach Flåm, dem kleinen Fjorddorf an der Spitze des Aurlandsfjords, auf dem Wasserweg an. Im Sommer ist auch der “Schneeweg” geöffnet – die schmale Panoramastraße mit dem berühmten Aussichtspunkt am Stegastein.
Flåm ist auch per Zug erreichbar – und zwar auf der laut Lonely Planet Traveller schönsten Eisenbahnstrecke der Welt. Sie steigt stark an und führt vorbei an tosenden Wasserfällen und steilen Felsabhängen hinauf in die Hardangarvidda zur Bergensbahn – übrigens auch eine der schönsten Bahnstrecken der Welt.
Den Aurlandsfjord kann man auch von den Örtchen Undredal (bekannt für die Stabskirche) und Aurlandsvangen erkunden – die “klassischen” Fjordaktivitäten wie Wandern, Fischen und Kajaken sind natürlich auch am Aurlandsfjord populär.
Dalsfjord
Der Dalsfjord gehört auch zu den eher unbekannteren, aber trotzdem sehr typischen Fjorden Norwegens. Von der Insel Atløyna reicht er ungefähr 40 Kilometer bis zum Forddorf Bygstad ins Land hinein.
In Bygstad mündet der Fluss Gaula in den Dalsfjord – natürlich spektakulär per Wasserfall, der Osfossen. Entlang des Osfossen führt die älteste Lachstreppe Norwegens. Der Bereich dieser Flussmündung gilt unter Anglern als eines der besten Lachsreviere Norwegens.
Die Gaula ist sehr naturbelassen und ihr Flusslauf ist in Norwegen für die hohe Dichte an Wasserfällen bekannt. Ein weiterer, sehr beeidruckender Wasserfall mündet nahe der Ortschaft Dale direkt in den Fjord: Der Laukelandsfossen ist 135 Meter hoch und bis zu hundert Meter breit. Von Dale aus kann man Bootsausflüge an seinen Fuß unternehmen, wo man dann sogar baden kann!
Vor dem Fjordausgang liegen unzählige Inseln: Allein die benachbarten Inselgruppen Bulandet und Værlandet zählen 365 Inselchen. Dort lässt sich ebenfalls hervorragend angeln und kajaken, außerdem sind sie ein wichtiger Stopp für Zugvögel, die sich hier beobachten lassen.
Lustrafjord
Zwischen der Gebirgswelt von Jotunheimen und dem Gletscher-Nationalpark von Jotunheimen erstreckt sich der Lustrafjord. Auch er ist einer der zahlreichen Verästelungen des Sognefjords.
Die Gegend um den Lustrafjord ist extrem dünn besiedelt, die wichtigsten Orte sind Skjolden und Solvorn mit jeweils etwa 200 Einwohnern und Ornes, wo gut 60 Menschen in einer eindrucksvollen Szenerie aus Gletschern, Bergen, Felsen und Wasserfällen leben.
Nicht weit von Skjolden liegt im Jotunheimen-Gebirge der höchste Berg Norwegens, der Galdhøpiggen – nur eines von unzähligen Wanderzielen in der Umgebung.
Natürlich gibt es (vor allem von Skjolden aus) auch jede Menge Gelegenheiten, den Fjord per Kajak oder Angelboot zu erkunden. In Ornes befindet sich die älteste Stabkirche der Welt, Urnes.
Was ist euer Lieblingsfjord in Norwegen? Teilt eure Tipps mit der Community – in den Kommentaren!
4 Kommentare
Hallo Timo!
Ja, der Lysefjord hat schon einiges zu bieten! Dem können wir nur zustimmen. Vor allem natürlich Preikestolen und Kjerag … manchmal auch etwas beklemmend und mystisch, aber schön!
Schreib bitte mehr solcher Beiträge. Wir freuen uns über jede Info, die wir auf einer zukünftigen Norwegentour nutzen können.
Hei Familie Grahmann,
das stimmt, der Lysefjord ist wirklich eines der absoluten Highlights. Und euer Wunsch ist mir Befehl 🙂
Liebe Grüße, Timo
Hallo Timo,
ich bin ebenfalls Deutscher und wohne seit 2007 in Norwegen. Ich bin der Betreiber des Dalsfjord Fiskecamps in Bygstad am Dalsfjord. Gern kannst du bei mir ein Boot ausleihen um schöne Bilder von unserem wunderschönen Dalsfjord zu machen.
LG Reinhard
Hallo Reinhard,
Ich kann deinen bootsverleih im Internet nicht finden.
Wir werden wohl auch in kommender Woche im Dalsfjord sein. Verleiht du auch deine Boote offiziell ?
Ich würde mich freuen. Liebe Grüße verena